Macht hat viele Gesichter – die meisten leider hässlich
Wer Macht ausübt, kann dies auf ganz unterschiedliche Weise tun: offen aggressiv, subtil und manipulativ, auch unter dem Deckmantel des uneigennützig Helfenden … verantwortungsbewusst oder hemmungslos.
Was aber immer gleich ist: Wer in den Chefsesseln der Unternehmen, Institutionen und in der Politik sitzt, hat den „Willen zur Macht“.
Martin Schulz (erinnern Sie sich?) und Olaf Scholz haben ihn, reden aber nicht viel darüber, Friedrich Merz hat ihn und redet darüber, nur eben schicksalhaft von der Oppositionsbank aus, Bayernkönig Markus Söder, der verhinderte Kanzlerkandidat, hat reichlich davon, der Grüne Robert Habeck vielleicht etwas weniger, was ihn eher sympathischer macht.
Industrie-Chefs wie VW Piech ist gestolpert, Winterkorn, sein Nachfolger grandios gescheitert, Herbert Diess muss(te) ums Überleben in seiner Position kämpfen,
Wirecard Chef Markus Braun sitzt in Untersuchungshaft, sein international gesuchter Finanzvorstandskollege ist spurlos verschwunden, der Schaden knapp 2 Milliarden.
Donald Trump hat bei der Wiederwahl knapp verloren und deshalb machtbewusst wie er ist, beinahe einen Bürgerkrieg angezettelt, und auch Putin hat sich verrechnet, wird teuer bezahlen und scheitern … diese Reihe lässt sich fortsetzen.
Viele Chefs nerven – die einen mehr, andere weniger …
… manche aber sind echt ätzend, schikanieren ihre Mitarbeiter, wenn oder weil sie selbst unter Druck stehen oder scheinen einfach Spaß daran zu haben, ihre Launen, ihre Macht auszuleben. Jeder hat schon extrem unangenehme Situationen mit Vorgesetzten erlebt und deshalb in Gedanken gekündigt.
Die meisten dieser Momente fallen unter die Kategorie „normaler Büro-Wahnsinn“, wie ihn wohl leider jeder von uns kennt.
Es geht aber auch noch viel, viel schlimmer.
Manche haben es mit Chefs zu tun, die ihren Mitarbeitern das Arbeitsleben permanent zur Hölle machen.
Es gibt Bosse mit unerträglichen Allmachtsphantasien, Dauernörgler, Mobber und Intriganten, Willkürherrscher, Angst- und Schreckensverbreiter, um nur einige Arten von Schreibtisch-Tätern zu nennen.
In den oberen Etagen von Unternehmen, Organisationen und in der Politik befinden sich deutlich mehr Menschen mit äußerst problematischen Persönlichkeitsmerkmalen – bis hin zu echten Persönlichkeitsstörungen und psychopathischen Wesenszügen – als im Bevölkerungsdurchschnitt.
Warum es die Falschen in Führungspositionen zieht?
Warum finden wir unter unseren Chefs so viele psycho-pathologisch Gestörte? Und wie können wir uns vor ihnen schützen?
„Macht ist ein größerer Verführer als Geld oder Sex“[i], wird der bekannte deutsche Hirnforscher G. Roth von der Uni Bremen zitiert. Damit befindet er sich in Einklang mit der Einschätzung des ehemaligen US-Präsidenten Abraham Lincoln, der wusste:
Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.
Untersuchungen haben gezeigt: In den Chefetagen tummeln sich besonders häufig Psychopathen. Die Schätzungen schwanken von mindestens doppelt bis viermal so viele wie im Bevölkerungsdurchschnitt!
Psychopathen: Um diesen kruden Sammelbegriff inhaltlich noch etwas zu präzisieren: Narzissten, Egomanen, tyrannische Sadisten, abgedrehte Neurotiker, Despoten, notorische Miesepeter mit Kontrollzwang und Verfolgungswahn … und andere Schreckgespenster mit toxischem Verhalten.
Auch vermeintlich „softe“ oder eher ängstlich-depressive Persönlichkeiten üben Macht und Kontrolle aus, wenn auch auf subtile und manipulative Weise – bevorzugt in öffentlichen Institutionen, Rathäusern, Rundfunkanstalten und anderen Einrichtungen des Öffentlichen Rechts.
[i] Rettig, Daniel: „Wenn Macht zur Droge wird.“ In: Handelsblatt Online, 27.1.2012.
„Was für ein Psycho!“
Diesen Gedanken haben wohl die meisten schon einmal über irgendeinen Vorgesetzten gehabt. Das Problem: Manchmal wissen Mitarbeiter gar nicht, wie recht sie damit haben. Zwischen „irre“ und im medizinischen Sinne „psychisch krank“ gibt es allerdings eine ganze Reihe von Abstufungen.
Gehen wir gemeinsam auf Erkundungstour durch deutsche Büros: Wer sind die charakterlich eingeschränkt bis gar nicht geeigneten Ober-Bosse, Bereichs-, Abteilungs- und Teamleiter, die ihren Mitarbeitern das Leben zur Hölle machen?
Wie zeigen sich ihre Defizite im Arbeitsalltag? Es sind beileibe keine Kleinigkeiten, die viele Führenden zu schlechten, untauglichen Chefs machen, im Gegenteil. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt: In den Chefetagen tummeln sich besonders häufig Psychopathen.
Psychopathen – schwere Störung statt leichter Macke
Der Unterschied zwischen Neurotiker und Psychopath
Ein Neurotiker würde vielleicht sagen:
Vorsicht Strom, Steckdosen sind hoch gefährlich und mir irgendwie auch
unheimlich …
Ein Psychopath würde es etwa so ausdrücken:
Katastrophe! Aus den Dingern wird mit Laserstrahlen geschossen, wir werden alle abgehört und vergiftet …
Psychopathie ist, ähnlich wie die Bezeichnung „Neurose“[i] zunächst nur ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche, aber im Gegensatz zur Neurose besonders starke Formen einer Persönlichkeitsstörung im Erleben und Verhalten. Diese kann aufgrund einer genetischen Veranlagung oder durch traumatische Kindheitserlebnisse entstehen, wenn nicht sogar aus beidem.
Psychopathen – so die Bezeichnung der Träger dieser Störung – zeigen oft ein stark antisoziales Verhalten.
Sie kennen wenig bis keine Skrupel, andere Menschen zu manipulieren und setzen rücksichts- und gewissenlos ihre Interessen durch. Für ihre Taten übernehmen Psychopathen keinerlei Verantwortung.
Der kanadische Kriminalpsychologe Robert D. Hare und der New Yorker Unternehmensberater Paul Babiak haben sich eingehend mit Psychopathen in Führungspositionen der Wirtschaft beschäftigt. Sie gehen davon aus, dass rund ein bis zwei Prozent der Gesamtbevölkerung psychopathische Verhaltensweisen zeigen. In der Wirtschaftswelt sind es aber deutlich mehr. Sechs Prozent der Bosse in Unternehmen erwiesen sich in Erhebungen als Psychopathen.[ii]
Der amerikanische Psychiater Hervey Cleckley sammelte als erster systematisch Daten seiner Patienten und kam zu dem Ergebnis, dass alle Betroffenen 16 spezifische Eigenschaften miteinander teilten.
Dabei stellte er fest, dass Psychopathen durchaus charmant, intelligent, sogar bisweilen unterhaltsam bis eloquent auftreten, dass sie aber auch als enorm egomanisch, gefühlskalt und jederzeit bereit zu lügen beschrieben werden können.
Die Liste mit Charaktereigenschaften wurde in der Folge von Psychiatern und Psychologen immer wieder erweitert und verfeinert.
[i] Ein etwas aus der Mode gekommener Sammelbegriff für eine psychische Verhaltensstörung von längerer Dauer, ohne erkennbare organische Ursache (z. B. Fahrstuhlangst, Sammel- und Aufhebe-Wut, auch als Messie-Syndrom bekannt). Sie belastet den Betroffenen und seine Umwelt und unterscheidet sich von Psychopathie vor allem dadurch, dass sich ihr Träger, der Neurotiker, seiner Störung bewusst ist. Damit verbindet sich auch die Vorstellung einer minderschweren psychischen Störung und Beeinträchtigung.
[ii] Babiak, Paul; Neumann, Craig S.; Hare, Robert D.: „Corporate psychopathy: Talking the walk.“ In: Behavioral Sciences & the Law, Volume 28, März/April 2010, S. 174-193
Die 10 wichtigsten Merkmale & Verhaltensauffälligkeiten
Hier die ersten zehn von zwanzig Auffälligkeiten.
Daran erkennen Sie einen Psychopathen …
- kann sehr charmant und eloquent auftreten
- sich als sehr angenehmer Smalltalker präsentieren
- scheinbar recht offen (extravertiert) wirken
- ist von sich überzeugt bis stark narzisstisch veranlagt
- verfügt über eine gute Portion Überzeugungskraft
- kann ausdauernd und hart für seine Ziele arbeiten
- zeigt sich in seinen Taten gefühllos und kalt
- entschuldigt sich niemals
- übernimmt nie Verantwortung für seine Taten/Fehler
- weist Schuld immer anderen od. den Umständen zu
Nicht alle Charaktermerkmale treten gleichzeitig bei einer Person auf. Psychopathen sind sehr unterschiedlich: von autistisch bis fanatisch, von zurückgezogen bis geltungssüchtig, von selbstunsicher bis extrem von sich überzeugt.
Dabei kann ein äußerst gewinnendes, charmantes und scheinbar offen kommunikatives Verhalten urplötzlich umschlagen und abgelöst werden durch ein zutiefst autoritäres, menschen-verachtendes, zerstörerisches Tun, nur um eigene Ziele machtvoll durchzusetzen.
Donald Trump und Wladimir Putin sind …
… politische Cheffiguren, die uns diese widersprüchliche Verhaltensform – umgangssprachlich auch als „zwei Gesichter“ oder als „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“-Syndrom bezeichnet – eindrucksvoll vorgeführt haben.
Vielleicht sind ja auch deshalb insbesondere Führungspositionen von geradezu magnetischer Anziehungskraft für Psychopathen, weil sie sich in Jobs mit großer Machtdynamik und in einem stark hierarchischen Umfeld erfolgreich bewegen und hervorragend arbeiten, ja sogar beeindruckende Leistung zeigen, aber auch ihre dunkle Seite ausleben können.
Da gibt es die absolute Selbstüberzeugung, erschreckende Furchtlosigkeit, stark manipulatives, machiavellistisches Verhalten, die Bereitschaft zu lügen, die Fähigkeit, Entscheidungen gegen den Willen anderer knallhart durchzusetzen, Gefühle nicht zu berücksichtigen und vor allem, sich selbst stets an die erste Stelle zu setzen.
Akzentuierte Persönlichkeiten – die leichteren Fälle
Jeder Mensch hat in milderer oder gröberer Ausprägung Züge von bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen – auch den weniger angenehmen. Gerade auf diese qualitative und quantitative Ausprägung kommt es jedoch an. Psychiater und Psychologen bezeichnen Auffälligkeiten bis hin zu deutlichen Abweichungen heute fachsprachlich als „akzentuierte Persönlichkeitsmerkmale“. Das meint im Grunde das Gleiche, klingt aber weniger diskriminierend, und der vom Psychiater dementsprechend diagnostizierte Patient reagiert nicht sofort beleidigt.
Persönlichkeitsstörungen sind also immer ein interaktionelles und damit nie das alleinige Problem nur einer betroffenen Person. Menschen mit Persönlichkeitsstörungen als schwierig zu bezeichnen, ist nur ein Teil der Problembeschreibung. Nicht nur sind sie schwierig, sondern sie machen es auch uns schwierig, mit ihnen umzugehen.